klau|s|ens, wie sind diese leute?
die, die da oben mischen und schalten und verwalten? die strippenzieher und führungspersonen?
gewiss, ich meine zum beispiel herrn cromme, den chef des aufsichtsrates von thyssenkrupp.
er war ja lange jahre vorstandsvorsitzender und wechselte dann in den aufsichtsrat. er ist also mit dem unternehmen jahrzehnte aufs engste verbandelt und verbündelt.
und?
da fragt man sich, wie dieser aufsichtsrat die fehlentwicklungen begleitet oder gar begünstigt hat. aber man fragt sich ja sowieso, wann und wie ein aufsichtsrat und besonders dessen vorsitzender „verantwortlich“ ist. und nach der hauptversammlung vom 18.1.2013 weiß man das doppelt so sicher wie zuvor: du kannst dir eigentlich fast alles leisten, darfst aber ewig weitermachen. das mehrheitskapital hält dich im amt. (siehe auch: http://www.klausens.com/aktionaersgedichte-thyssenkrupp.htm )
also eher in die wirtschaft als in die politik?
vom verdienst und von der „schadensarmut“, also auch dein eigenes ewiges wohlergehen betreffend: gewiss. wärest du für milliarden verluste verantwortlich, so kämest du immer noch mit geld und abfindung und allem anderen davon. und in manchen positionen bleibst du immer weiter und immer weiter. was auch passiert: weiter und weiter.
herr cromme hätte zurücktreten sollen?
bei allem anstand, der immer in firmen-mission-statements und sonstigen aufgedunsenen corporate-und-governance-und-hulla-hulla-erklärungen verkündet wird: ja. ich denke: ja. dieses unternehmen thyssenkrupp war so auf (teils gar kriminelle) abwege gekommen, dass …
und wie war war er bei der HV? der jahreshauptversammlung? der herr cromme?
mir war er überaus unangenehm. das fing schon an, als es losging: da kam der geschäftsordnungsantrag von einem rechtsanwalt aus münchen, dr. oliver krauß, (von „Breitmoser Krauss Wechtenbruch Rechtsanwälte“), dass man ihn, herrn cromme, von der leitung dieser jahreshauptversammlung entbinden solle. ein antrag auf geschäftsordnung.
und dann?
dann veränderte herr cromme seine persönlichkeit derart unangenehm, das man wusste, welchen menschen man da vor sich hat. das war echtes und wahres doku-theater.
wie kam er aus dieser problemlage heraus?
finessen, juristische finessen: er hat den geschäftsordnungsantrag gar nicht erst zur abstimmung gestellt, weil dieser keine berechtigung habe. das nenne ich die wahrhafte demokratie des kapitals.
die gegner von herrn cromme arbeiten mit dem schachzug von geschäftsordnungsanträgen … aber er mit dem hyperschachzug, diese gar nicht zur abstimmung zuzulassen.
so geht das. man hat neben sich und hinter sich den juristischen fachbeistand, das wird ja alles abgeklärt, vieles auch schon im vorfeld, weil man mit dem und jenem auch rechnet. (du musst dein aktiengesetz zudem immer gut kennen.)
aber herr cromme hat ja schon viele versammlungen geleitet.
eben: er hat da auch erfahrung. um so mehr wunderte ich mich über das antlitz, das er zeigte. und so war es auf der ganzen sitzung: teilweise schäumend, teilweise verkantet, teilweise barsch: eine seltsame mischung von eigenschaften, die auf mangelnde souveränität hinwiesen … und auf einen charakter, der mir überhaupt nicht zusagte.
der mann darf aber „weiterregieren“.
gewiss, selber zurücktreten wll er nicht, am ende des tages hatte er seine „entlastung“. rund 69 prozent der stimmen des anwesenden aktienkapitals. (allerdings: es kam zur einzelentlastung. das passiert auch nicht oft.) das aktiengesetz sagt:
„§ 120 Entlastung; Votum zum Vergütungssystem
aber?
es gibt kein aber. er ist vielleicht „angeschlagen“, weil die entlastung nur karge rund 69 % erbrachte, aber er wird seinen stiefel und auch die sporen immer weiter (durchs fleisch der wirtschaft) hindurchziehen.
wie findest du das?
beschämend. eigentlich ist so ein kompletter aufsichtsrat, wenn er da vorne sitzt … fast schon wie ein elferrat zu guten alten karnevalszeiten: stumm, blickend, klatschend. – eigentlich zeigt so ein aufsichtsrat eine seltsame verschworenheit aus taktik und loyalitäten. – aber das kapital bleibt, bei aller enttäuschenden vorstellung, immer dran, an der macht und am geld.die position „mitglied im aufsichtsrat“ ist ja (bei relativ geringem zeitlichen einsatz übers jahr) finanziell sehr lohnend.
und die hälfte sind ja „arbeitnehmervertreter“. vergiss es nicht! mitbestimmung!
eben: die lassen sich dann auch dazu verleiten, 1. klasse zu fliegen. man weiß also, was man von (fast) allen da vorne auf dem podium zu halten hat. (die arbeitnehmervertreter haben herrn cromme ja im verbleiben auch unterstützt.) aber jenen gerhard cromme, der den ganzen tag redete, reden musste, als versammlungsleiter: den konnte man mal sehr gut studieren, an so einem tag.
und wie findest du den kapitalismus? nach solchen erlebnissen vo ort?
nach solchen erlebnissen graut mir jeden tag mehr vor dem kapitalismus. an solchen tagen kommt einem selbst die unglaubliche katholische kirche noch wie ein paradiesischer verein der wohlanständigkeit vor.
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