klau|s|ens, noch so ein verein? das hört sich ja grauslich an!
also: viele vereine sind ja auch lobby-gruppen – das muss man wissen.
bist du in dem verein?
gott behüte, nein, nein, das ist nicht meine welt.
wessen welt ist das denn?
z.b. die von funktionsträgern in der kulturpolitik, allein 50 kulturdezernenten und -dezernentinnen deutscher städte sollen wohl mitglied sein.
„Die Kulturpolitische Gesellschaft ist ein bundesweiter Zusammenschluss kulturpolitisch interessierter und engagierter Menschen aus den Bereichen Kulturarbeit, Kunst, Politik, Wissenschaft, Publizistik und Kulturverwaltung.
Die Kulturpolitische Gesellschaft bildet keinen berufsständigen Interessenverband und ist an keine Partei, Kirche oder Gewerkschaft gebunden. Sie will neue Leitbilder und Zielsetzungen für Kulturpolitik entwickeln.
Zusammen mit dem Deutschen Kulturrat betreibt der Verband seit 1998 im Bonner Haus der Kultur den Cultural Contact Point (CCP). Es hat die Aufgabe, die kulturpolitischen Entwicklungen und Förderkonzepte auf europäischer Ebene zu verfolgen und darüber die Kulturverbände in Deutschland auf dem Laufenden zu halten.
Die Kulturpolitische Gesellschaft ist eine bundesweite Vereinigung für die Entwicklung der Kulturpolitik. Sie wurde 1976 in Hamburg gegründet und hat ihren Sitz nach Stationen in Bonn, Köln und Hagen seit 1996 wiederum in der Bundesstadt Bonn.“
und was machst du da?
ich muss doch immer die welt beobachten.
ich denke, du bist kein mitglied?
richtig – aber am vorabend ihrer mitgliederversammlung hatten sie eine öffentliche diskussion.
wozu?
zum fehlenden geld. („kulturpolitik trotz(t) krise. was ist zu tun?“) geld, geld, geld: das ist doch klar. der kultur wird andauernd weiter der geldhahn zugedreht, weil die ersten städte pleite sind. und jetzt ist die finanzkrise, und jetzt fürchten sie, dass es noch schlimmer wird.
Kulturpolitik trotz(t) Krise. Was ist zu tun?
Öffentliche Diskussionsveranstaltung am Vorabend der 15. Ordentlichen Mitgliederversammlung am 13. November 2009 von 17.30 bis 20.30 Uhr im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn Die öffentliche Podiumsdiskussion hat das Thema »Kulturpolitik trotz(t) Krise – Was ist zu tun?« und soll sich mit der Frage beschäftigen, wie die Kulturpolitik von Bund, Ländern und Kommunen in der Wirtschaftskrise argumentativ aufgestellt sein muss, um die befürchteten Einschnitte zu verhindern. Wir wollen uns als Kulturpolitische Gesellschaft an dieser Diskussion aktiv beteiligen. Sie sind dazu herzlich eingeladen!
Podium
Rolf Bolwin, Gf. Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Köln
Amelie Deuflhard, Intendantin der Kampnagel Internationale Kulturfabrik GmbH, Hamburg
Klaus Hebborn, Beigeordneter/Leiter des Dezernats Bildung, Kultur und Sport beim Deutschen Städtetag, Köln
Pius Knüsel, Direktor der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, Zürich
Jörg Stüdemann, Stadtrat und Beigeordneter für Kultur, Sport, Freizeit der Stadt Dortmund
Moderation
Prof. Dr. Oliver Scheytt, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V., Bonn/Essen
aha: man versucht sich „zu erhalten“! mehr ist es nicht. selbsterhalt!
ja, das fand ich auch so bestürzend.
inwiefern?
da ist „die kultur“ – dann haben wir „die finanzkrise“ – und das versagen des kapitalismus … und nun erhofft man sich von den kulturschaffenden und kulturleitenden wichtige anregungen und neue modelle für eine welt jenseits des groß- und raubkapitals. man erhofft sich eine welt, die den profit des kapitals umdenkt. man erhofft sich visionen von einem neuen miteinander, wie man es sich ja auch immer von den sozialdemokraten erhoffte.
aber da kam nichts!
genau, und dann wurden sie bei der wahl abgestraft.
und die kulturpolitiker?
die sind genauso. die reden nur über ihren betrieb und wie man den erhalten kann. ziemlich billig!
ideen?
wirklich gute denker wie der schweizer knüsel, die sagen dann etwas wie: wenn zwei theater das gleiche spielen, dann muss man auch mal überlegen, ob man eines nicht einstellt, und die gelder dann für neue und anregende kunst umnutzt.
aha: gut gedacht, frech gedacht. aber dennoch im rahmen des „kulturbetriebes“.
genau so: dabei erhoffte man sich, dass endlich mal die kulturschaffenden und kulturbetreibenden die gesellschaft neu denken, das finanz- und steuersystem umdenken, alles so etwas.
aber das geschah nicht.
nein, es war eine der üblichen diskussionen um den erhalt des eigenen breis, völlig uninspirierend.
ideen?
ich sagte ja: am denkmutigsten und weitgeistigsten war noch der herr knüsel von der berühmten schweizer kulturstiftung PRO HELVETIA.
und sonst?
sonst? der herr hebborn vom deutschen städtetag meinte, man müsse auch mal überlegen, die eintrittsgelder zu erhöhen, für kultur, weil die ja für fußball auch so viel bezahlen, die fans. warum soll man dann für das schauspielhaus nur 18 euro bezahlen?
und du?
ich denke, dass das alles keine „diskussion“ ist: seit jahren brechen die städte finanziell weg, und nun gehen die steuereinahmen noch zusätzlich runter, dazu eine eklatante verschuldung der städte: das ganze system ist verrotet und verfilzt.
und weiter?
anstatt, dass jetzt mal menschen aus der kultur einen großen wurf wagen und mit gedanken zur „umordnung der städte“ oder so etwas an die öffentlichkeit gehen, ähnlich wie früher mal die mitscherlichs von der „unwirtlichkeit der städte“ gesprochen hatten … statt dessen nur klein-klein im rahmen der geldströme, die sich jetzt auch schon bewegen.
die kulturschaffenden wollen also immer nur geld, geld, aber sie denken nicht in die gesellschaft hinein?
überhaupt nicht, zumindest nicht die, die da am freitag gesprochen haben, auf dem podium und aus dem publikum.
dann wäre die kulturpolitische gesellschaft ja nur ein besserer scherz.
fast möchte man da sagen: ein billige lobbygruppe, nicht mehr und nicht weniger. kultur und versicherungswirtschaft und straßenbauer und steuerberater, alle sind lobbyisten und schauen nur auf ihre taschen.
und da ist die kultur nicht anders?
offenbar nicht. ich war erschüttert über das niveau der diskussion. kultur! pah!
und weiter?
nichts weiter. besondern seltsam ist dann noch, wenn vorne der jörg stüdemann sitzt, als beigeordneter der stadt dortmund, und es wird kein wort über den skandal in eben dieser stadt gesagt.
du meinst die bürgermeistergeschichte, kommunalwahl und so.
ja, ja, wo man vor der wahl so tat, als wüsste man von nichts, und direkt nach der wahl standen gigantische schulden auf der tagesordnung, und dann hieß es, der SPD-mann dürfe nicht mehr bürgermeister werden, weil er die wähler getäuscht habe … darüber, was er über die grausliche wahrheit der finanzen in dortmund weiß. er hat aber wohl am 21. oktober sein amt angetreten, der herr ullrich sierau von der SPD.
was ist aus der sache in dortmund geworden. aus dem wahlbetrug des SPD-mannes?
ich weiß es gar nicht. gewählt ist er ja, und angetreten dann auch. man hat also alles keingebügelt. ich weiß nur, es gibt eine dortmund-meldung der WAZ vom 11.11.2009: „Den fünf Schuldnerberatungsstellen in der Stadt wächst die Arbeit über den Kopf: Mehr als 73000 Dortmunder sind überschuldet – aber die Berater können gerade einmal acht Prozent davon erreichen. Und die Zahl der Schuldner wächst.“
iss‘ ja irre.
also. wenn man einen beigeordneten-mann aus eben dieser schuldenstadt noch auf dem podium hat und spricht die thematik überhaupt nicht an, dann muss einem „kulturpolitik“ mehr als seltsam vorkommen.
und die kulturpolitische gesellschaft?
die natürlich auch. daran ändert auch nichts die souveräne und offene art des herrn prof. dr. oliver scheytt, der dieser gesellschaft als präsident vorsteht.
was erwartest du?
nichts mehr! wenn diese gesellschaft nicht in der lage ist, einen gesellschafstpolitischen impuls zu setzen, der alles rund um steuern, finanzen, kapital, wirtschaftskrise, kultur usw. neu denkt, dann kann man nur mit dem kopf schütteln.
was erhoffst du?
… dass die endlich mal einen echten brain-workshop machen, dass endlich mal freie und innovative denker sich mit der rolle von kultur und gesellschaft beschäftigen und in diese gesellschaft der verlorenen anregungen geben, die uns auch innerlich von der krise freizukämpfen wissen.
wie geht das nicht?
indem man eng und klein nur von geld und etats und kürzungen und umschichtungen und eintrittspreisen redet. völlig verfehltes kleingärtnerdenken. völlig an der hoffnung an und auf „kultur“ vorbei.
das sind harte worte.
ja, aber einer muss es doch aussprechen, wenn die lobbyisten untereinander nur um ihre gartenzäune kämpfen.
und dann sind ja noch die LIVE-gedichte.
ja, aber es wurden nur 9. dennoch: wir machen immerhin aktive und kluge kulturarbeit. http://www.klausens.com/klausens-bei-der-kulturpolitischen-gesellschaft.htm
